Reinigung und Desinfektion in der Gynäkologie

Anforderungen an die antimikrobielle, viruzide und antiparasitäre Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln für gynäkologisches Instrumentarium 

Gynäkologische Instrumente, die bei bestimmungsgemäßer Anwendung  mit unverletzten Schleimhäuten in Berührung kommen, sind entsprechend den gemeinsamen Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als semikritische Medizinprodukte der Kategorie A einzustufen. Sie müssen daher vor ihrer Wiederverwendung gereinigt und desinfiziert werden. Eine Sterilisation wird bei diesen Instrumenten nicht gefordert und ist bei typischem Instrumentarium wie Spekula, welche bestimmungsgemäß nur mit einer intakten Schleimhautoberfläche in Kontakt kommen auch kein obligater Bestandteil des Aufbereitungsverfahrens.

Gynäkologische Instrumente, Materialien und Belastung

Gynäkologisches Instrumentarium besteht aus Materialien wie Edelstählen, die sich problemlos einer thermischen Behandlung unterziehen lassen. Andererseits gibt es Instrumente wie transvaginale Ultraschallsonden, die einer Hitzebehandlung nicht standhalten. Um keine Beschädigungen zu riskieren können diese nur mit chemischen Verfahren aufbereitet werden, wobei geeignete Desinfektionsreiniger, welche in aller Regel bereits eine Wirksamkeit gegen behüllte Viren besitzen, sowie Desinfektionsmittel anzuwenden sind. Kaum ein anderes Instrumentarium kann aber in vergleichbarem Maße durch unterschiedlichste Krankheitserreger belastet sein. Die hier in Frage kommenden Erreger können nicht nur aus dem Genitalbereich stammen, sondern auch aus dem Blut sowie der Darmflora und dem Perianalbereich.

Aufbereitung Gynäkologischer Instrumente

Das Aufbereitungsverfahren für Gynäkologische Instrumente, vor allem aber das Anforderungsprofil der verwendeten Desinfektionsmittel muss sich daher an folgenden Gegebenheiten orientieren: 

  • An den, nach einer Anwendung am Patienten ggf. zu erwartenden Erregern,
  • der Empfindlichkeit des aufzubereitenden Instrumentes gegenüber den eingesetzten Reinigern und Desinfektionsmitteln (Materialkompatibilität)
  • den bei der Anwendung ggf. anzuwendenden Einwegartikeln (z.B. von Schutzhüllen bei der Verwendung von Transvaginalsonden)

Thermostabile versus thermolabile Instrumente

Die Aufbereitungsverfahren für gynäkologische Instrumente umfassen gewöhnlich mehrere Arbeitsschritte, deren hauptsächliche Komponenten aus der Reinigung, der Desinfektion und der Sterilisation bestehen (Tab. 1). Aber nicht alle Instrumente sind thermostabil und können am Ende des Aufbereitungsverfahrens einer Dampfsterilisation unterzogen werden. Kritisch sind in diesem Zusammenhang vor allem die bereits erwähnten transvaginalen Ultraschallsonden. Dreistufige Aufbereitungsverfahren sind daher nicht immer anwendbar und eine Dampfsterilisation muss bei thermolabilen Instrumenten entfallen.   Der Reinigungs- wie auch der Desinfektionsschritt wird dagegen oft nicht manuell, sondern maschinell im RDG (Reinigungs- und Desinfektionsgerät) vorgenommen. Manche Verfahren beinhalten für thermolabile, semikritische Instrumente der Kategorie A, alternativ zur konventionellen Desinfektion, nach der manuellen Reinigung auch eine Behandlung mit Hilfe von UV-C-Licht in einer speziellen Kammer. Des Weiteren gibt es auch Verfahren bei denen nach der manuellen Reinigung Wasserstoffperoxid (H2O2) zur abschließenden Desinfektion dient, welches in einer speziellen Apparatur mit Hilfe von Ultraschall als feiner Nebel generiert und appliziert wird. 

Die Bewertung der Sicherheit solcher Verfahren kann hier nicht vorgenommen werden. Es ist lediglich auf die Notwendigkeit von deren umfassender Validierung hinzuweisen sowie auch auf die regelmäßige Überprüfung der Wirksamkeit vor Ort. Dies gilt nicht nur für maschinelle und halbmaschinelle Aufbereitungsverfahren, sondern auch für rein manuell durchgeführte Verfahren: Ganz gleich welches Verfahren gewählt wird, muss immer sichergestellt sein, dass sich keine Fehler in den Arbeitsprozess einschleichen! 

Wirkungsbreite von Aufbereitungsverfahren

Wollte man alle Erreger abdecken, müsste ein Aufbereitungsverfahren bakterizid, mykobakterizid und sporozid sein. Zur Abtötung von Hefen wäre zudem eine levurozide Wirksamkeit und zur Inaktivierung von Viren eine Wirksamkeit gegen behüllte und unbehüllte Viren erforderlich. Darüber hinaus sollten Protozoen und ggf. sogar Würmer bzw. deren Eier sowie Arthropoden (Schamläuse und deren Nissen) abgetötet werden. Eine derartig umfassende Wirksamkeit kann allerdings derzeitig von keinem Desinfektionsmittel geleistet werden – und sie ist bei kritischer Betrachtung auch nicht notwendig.

Aufbereitung in mehreren Schritten

Für semikritisches gynäkologisches Instrumentarium der Kategorie A hat sich vor allem eine Vorreinigung und anschließende Aufbereitung im RDG bewährt. Die KRINKO-Empfehlungen verlangen generell für semikritisches Instrumentarium der Kategorie A eine bakterizide, fungizide, mykobakterizide und viruzide Wirksamkeit des Aufbereitungsverfahrens.  

Wird vollständig manuell aufbereitet sind entsprechend ausgelobte Produkte einzusetzen.  Einen Überblick über verfügbare Desinfektionsmittel kann sich der Anwender in den Desinfektionsmittellisten des IHO (Industrieverband Hygiene und Oberflächenschutz) oder des VAH (Verbund für angewandte Hygiene) verschaffen.

Relevante Erregertypen

Bakterien

Neben der potenziell pathogenen Keimflora machen vor allem die Erreger der klassischen Geschlechtskrankheiten eine bakterizide Wirksamkeit erforderlich. Chlamydien und Mykoplasmen werden durch Sexualverkehr übertragen. Andere Übertragungswege scheiden unter natürlichen Bedingungen aus – ein Indiz für die geringe Tenazität dieser Arten. So ist die hohe Empfindlichkeit gegenüber Austrocknen für beide Gruppen lange bekannt und kann durch deren empfindliche Zelloberfläche erklärt werden. Bakterizide Aufbereitungsverfahren schließen somit eine Wirksamkeit gegen beide Erregergruppen ein.

Pilze

Fadenpilze spielen als Kontaminanten von gynäkologischem Instrumentarium im Allgemeinen keine Rolle, wohl aber Hefen. Daher ist eine levurozide Wirksamkeit zu fordern. Eine generelle fungizide Wirksamkeit erscheint dagegen nicht notwendig. Zwar kommt es im äußeren Genitalbereich gelegentlich zu Mykosen durch Trichophyton-Arten (Fußpilzerreger), die Erreger sind jedoch nicht schwieriger abzutöten als Hefen. Dies zeigt sich, sobald man Dermatophyten und Hefen unter denselben Bedingungen gegen Desinfektionsmittel testet.

Viren

Im Genitalbereich vorkommende Viren sind vorzugsweise behüllte Partikel und durch begrenzt viruzide Mittel zu inaktivieren. Dies deckt vor allem die bei der Vorreinigung der Instrumente erforderliche Wirksamkeit gegen HBV, HCV und HIV ab und dient dem Personalschutz. Kommt es bei der Aufbereitung zu Verletzungen oder gelangt virushaltiges Material in Augenbindehäute oder die Atemwege, so besteht Infektionsgefahr für das Personal. Für Patienten ist darüber hinaus auch eine Wirksamkeit gegen die im Genitalbereich vorkommenden Humanen Papillomviren wichtig, insbesondere gegen die für das Zervixkarzinom verantwortlichen Typen. Hierbei handelt es sich vor allem aber um solche, die auf den Genitalbereich spezialisiert sind und die für das Personal bei der Aufbereitung von gynäkologischem Instrumentarium eine deutlich geringere Relevanz besitzen, sofern die üblichen Vorkehrungen des Personalschutzes eingehalten und adäquate Schutzkleidung getragen werden. Eine Wirksamkeit gegen Humane Papillomviren ist daher bei der Vorreinigung gynäkologischer Instrumente nicht zwingend erforderlich, wohl aber bei der abschließenden Desinfektion. Viruzide Desinfektionsmittel decken die Wirksamkeit mit ab.

Bei allen Aussagen zur viruziden Wirksamkeit eines Instrumenten-Desinfektionsmittels ist auf die Vollständigkeit des Prüfverfahrens zu achten: Verlässliche Aussagen beruhen auf der Durchführung von Suspensionsversuchen und Keimträgerversuchen für Instrumentendesinfektionsmittel. Sie berufen sich also immer auf mindestens zwei Prüfverfahren (EN 14476 & EN 17111).

Besitzt das zur Desinfektion verwendete Mittel keine viruzide Wirksamkeit so muss das Aufbereitungsverfahren einen Aufbereitungsschritt beinhalten, der für die notwendige Sicherheit sorgt, z. B. eine Dampfsterilisation. Bei Transvaginalsonden kann die Anwendung von Schutzhüllen (als nicht wiederverwendbarer Einmalartikel) die erforderliche Sicherheit schaffen. Trotzdem ist zu empfehlen nur viruzide Mittel für die Nachbehandlung von Sonden zu verwenden und nach der Entfernung der Schutzhüllen deren Oberflächen zu desinfizieren. Werden die Sonden einer manuellen Vorreinigung unterzogen, ist die Anwendung eines Desinfektionsreinigers bzw. eines Desinfektionsmittels mit begrenzt viruzider Wirksamkeit gegen behüllte Viren und eine Schlussdesinfektion mit einem voll viruziden Desinfektionsmittel notwendig.

Protozoen

Protozoen können sich unter für sie ungünstigen Bedingungen durch die Bildung einer Schale vor negativen Umwelteinflüssen schützen. Dies gilt aber offensichtlich nicht für die im Genitalbereich vorkommenden Trichomonas-Arten. Sie verfügen über eine vergleichbar geringe Tenazität wie Mykoplasmen und Chlamydien. Hinweise gibt auch hier der rein sexuelle Übertragungsweg der Erreger. Die Forderung nach Desinfektionsverfahren mit einer erwiesenen Wirksamkeit gegen Protozoen erscheint zwar wünschenswert, es ist jedoch nach Abschätzung des Autors davon auszugehen, dass die Erreger bereits durch bakterizide Verfahren erreicht werden. Insgesamt wird den Protozoenerregern bei Aufbereitungsverfahren von medizinischem Instrumentarium bislang keine besondere Bedeutung beigemessen. Dies trifft auch für gynäkologisches Instrumentarium zu. Aus diesem Grund gibt es für den humanmedizinischen Bereich bislang keine Vorschläge für Testmethoden zur Ermittlung der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Protozoen.

Sonstige Erreger

Arthropoden (Schamläuse) sowie Helminthen (Wurmeier) gehören zu denjenigen Parasiten, die entweder zu selten vorkommen, um sie bei der routinemäßigen Aufbereitung gynäkologischer Instrumente zu berücksichtigen oder deren Übertragung bereits durch ein adäquates Reinigungsverfahren wirksam unterbunden werden kann.

Diskussionswürdig: Verfahren gegen Mykobakterien und bakterielle Sporen

Schließlich ist die Forderung nach mykobakteriziden und sporiziden Desinfektionsverfahren zu diskutieren: Mykobakterien können sich überall manifestieren, so auch im Urogenitalbereich. Desinfektionsverfahren für gynäkologisches Instrumentarium jedoch generell auf deren Existenz auszurichten erscheint angesichts der vergleichsweisen geringen Bedeutung derartiger Erkrankungen nicht zwingend nötig. Bei Transvaginalsonden würden die Verwendung von Schutzhüllen die erforderliche Sicherheit bieten können, bei autoklavierbaren Instrumenten dagegen die Dampfsterilisation. Gleiches gilt für sporizide Verfahren. Während Mykobakterien aber durchaus auch einmal stationär im Genitalbereich vorkommen können, würde es sich bei sporenbildenden Bakterien weit eher um Zufallskontaminationen aus dem Darm handeln. Dem trägt auch die KRINKO Rechnung, die in ihrer Empfehlung für Semikritische Instrumente der Kategorie A zwar eine mykobakterizide, nicht aber eine sporizide Wirksamkeit der Desinfektionsmittel fordert.

Vorgehensweise bei der Aufbereitung gynäkologischen Instrumentariums

Eine Zusammenfassung der Vorgehensweise und Forderungen für die einzelnen Arbeitsschritte bei der Aufbereitung gynäkologischen Instrumentariums gibt die nachfolgende Tabelle. Bei Entzündungen im Genitalbereich (Vaginitis) können in etwa 50% der Fälle bislang keine dafür verantwortlichen Erreger gefunden werden. Die sichere Aufbereitung ist für derartiges Instrumentarium somit essenziell.

Thermostabiles gynäkologisches Instrumentarium (semikritisch A)
VorreinigungsverfahrenDesinfektion / RDG **Dampfsterilisation
Bakterizid
Levurozid
Begrenzt viruzid
Bakterizid
Mykobakterizid
Fungizid (inkl. Levurozid)
Viruzid (gegen behüllte und unbehüllte Viren)
Optional


Thermolabiles gynäkologisches Instrumentarium (semikritisch A)
VorreinigungDesinfektion **Weitere Schutzmaßnahmen
Bakterizid
Levurozid
Begrenzt viruzid
Bakterizid
Mykobakterizid *
Fungizid (inkl. Levurozid)
Viruzid (gegen behüllte und unbehüllte Viren)
Arbeiten mit Einmalschutzhüllen (Optional)

* entsprechend KRINKO-Empfehlung für semi-kritisches Instrumentarium

** unverzichtbarer Bestandteil des Aufbereitungsverfahrens für semi-kritische Instrumente der Kategorie A

Tab. 1 : Anforderungen an die Wirksamkeit des Aufbereitungsverfahrens von semikritischem gynäkologischem Instrumentarium der Kategorie A gemäß KRINKO-Empfehlung


Autor*innen: F. v . Rheinbaben, S. Werner - HygCen Centrum für Hygiene und medizinische Produktsicherheit GmbH, Schwerin

Passende Produkte: