Praxisbegehungen - Ablauf, Inhalte und Fehlerbehebungen

Wenn eine Praxisbegehung angekündigt wird, ist das meist ein Grund zur Verunsicherung für Praxisbetreiber*innen. Horrorvorstellungen von überkorrekten Sachverständigen oder Praxisschließungen geistern in Foren umher und machen Angst vor den regelmäßigen Besuchen. Zu Unrecht, denn im Großteil der Fälle stehen Gesundheitsämter und andere Behörden auf der Seite der Praxisbetreiber*innen und wollen niemandem aus bösem Willen schaden. Praxisbegehungen sollen dafür sorgen, dass für Patient*innen und Praxisbetreiber*innen höchste Sicherheit gewährleistet werden kann. In diesem Blogbeitrag fassen wir zusammen, wie Praxisbegehungen grundsätzlich ablaufen, was dabei überprüft wird und welche Mängel am häufigsten auftauchen - und was das für Folgen haben kann.

Praxisbegehungen - ein Überblick

Grundsätzlich wird eine Begehung nie ohne Ankündigung durchgeführt, es sei denn, es werden gravierende Hygienemängel vermutet oder es liegt eine Meldung oder Beschwerde vor. Unabhängig von einem solchen Anlass kann aber jede Arztpraxis von der zuständigen Behörde des jeweiligen Bundeslandes (meist ist dies das Gesundheitsamt) dahingehend überprüft werden, wie die Hygienevorschriften eingehalten werden. Die regelmäßige Kontrolle der Ämter dient der Vorbeugung von Hygienemängeln und damit der Sicherheit von Patient*in und Praxisbetreiber*in.

Vorab ist zu bemerken: die meisten Praxen handeln bereits nach bestem Wissen und Gewissen und haben daher auch keine schwerwiegenden Folgen zu fürchten. Das Wichtigste vor einer Begehung ist, die aktuellen Hygienerichtlinien zu kennen und diese ordnungsgemäß umzusetzen. Sonst sind Praxisbetreiber*innen verantwortlich, wenn Vorgaben nicht eingehalten oder dokumentiert werden. Der Aufwand, der dann für eine kurzfristige Änderung entsteht, ist zeitaufwendiger, nervenaufreibender und kostspieliger als eine konsequente Umsetzung der Vorgaben von Anfang an.

Wie läuft eine Praxisbegehung ab und was wird geprüft?

Zuerst eine Klarstellung: Die „eine“ Begehung gibt es so nicht. Jedes Bundesland hat andere Vorgaben und jede Praxis ist individuell, daher hängt auch der Ablauf und Umfang einer Begehung von den gegebenen Umständen ab. Eine große Gemeinschaftspraxis mit täglichem OP-Betrieb arbeitet selbstverständlich anders als eine kleine Hausarztpraxis ohne chirurgische Eingriffe und muss dementsprechend auch anders geprüft und beurteilt werden.

Üblicherweise erhalten Sie von der zuständigen Behörde eine Ankündigung der Praxisbegehung, deren Termin ca. vier bis sechs Wochen in der Zukunft liegt. In diesem Zeitraum kann das aktuelle Hygienemanagement auf den neusten Stand gebracht und eventuelle Mängel noch behoben werden. Mit der Ankündigung erhält die Praxis einen mehrseitigen Fragebogen, der vor dem Termin ausgefüllt an die Prüfstelle zurückgehen muss. Gerne können Sie im Vorhinein bei der zuständigen Behörde anfragen, welchen zeitlichen Umfang Sie für die Begehung einplanen sollten. Dadurch, dass alle Räumlichkeiten, Prozesse und Dokumentationen ausführlich geprüft werden, sollten Sie auf jeden Fall mehrere Stunden freihalten. Am Begehungstag selbst sollten daher auch keine Patientenbehandlungen terminiert werden.

Am Termin selbst besuchen ein bis zwei Kontrolleur*innen die Praxis. Es ist üblich, dass diese von dem/der Praxisbetreiber*in, dem/der Hygienebeauftragten und/oder der/dem QM-Beauftragten durch die Praxis begleitet werden. Es wird erwartet, dass diese Fragen fachmännisch beantworten und Abläufe ausführlich erklären können. In jedem Fall sollte man sich dafür Zeit nehmen, ausreichende Auskünfte geben und sich grundsätzlich kooperativ zeigen. Organisatorisch besteht die Begehung aus einer Vorstellung der Beteiligten an der Begehung seitens der Praxis und der Behörde, einer kurzen Darstellung des Anlasses und Umfangs sowie einer Abstimmung des Ablaufes, der Durchführung der Begehung, einer Abschlussbesprechung inklusive Mitteilung des Ergebnisses und einer kurzen Erläuterung des weiteren Vorgehens.

Im Laufe der Begehung wird die Praxis organisatorisch, räumlich und inhaltlich geprüft. Es werden beispielsweise folgende Bereiche im Detail inspiziert:

  • Angaben zur Praxis
  • Räumliche Gegebenheiten
  • Hygieneplan
  • Art/Umfang der Eingriffe/Behandlungen
  • Umgang mit multiresistenten Erregern
  • Händehygiene, Schleimhautantiseptikum
  • Flächenreinigung und Desinfektion
  • Umgang mit Medikamenten
  • Umgang mit Wäsche
  • Schutzkleidung
  • Abfallentsorgung
  • Abwasser
  • Nachweise durchgeführter Prüfungen
  • Brandschutz
  • Flucht- und Rettungswege
  • Rettungsmittel
  • Sicherheitstechnische Betreuung
  • Betriebsärztliche Betreuung
  • Auflistung der verwendeten Desinfektionsmittel
  • Aufbereitung von Medizinprodukten
  • Medizinprodukte-Betreiberverordnung
  • Röntgen
  • Gefahrenstoffe

Als besonders wichtig gelten die Abläufe zur Hand- und Flächendesinfektion sowie zur Aufbereitung der Medizinprodukte. Hier liegt grundsätzlich der Fokus darauf, ob überhaupt aufbereitet werden muss oder nur Einmalprodukte verwendet werden (und wenn ja, wie diese sicher entsorgt werden), und falls aufbereitet wird, ob die richtige Klassifizierung der Instrumente getroffen wurde und diese auch entsprechend ordnungsgemäß manuell oder maschinell aufbereitet werden. Zusätzlich wird die Sachkenntnis der Mitarbeiter*innen und ihr Schulungsstand geprüft. 

Dies ist lediglich ein Überblick über die generell geprüften Felder der Begehung,  eine komplette Aufzählung der Inhalte ist durch die starken Unterschiede nahezu unmöglich. Für alle aufgeführten Prozesse müssen jeweils Arbeitsanweisungen, Checklisten, Freigabebestätigungen, Risikoeinstufungen und Hygienepläne im Qualitätsmanagement-Handbuch vorhanden sein. Denn für die Prüfenden gilt immer: was nicht dokumentiert wurde, gilt als nicht erledigt.

Besonderer Fokus sollte auf die Praxisbereiche gelegt werden, die oftmals in Vergessenheit geraten. Hierzu gehören zum Beispiel Stoffvorhänge und nicht abwaschbare Bilder oder Blumen in Behandlungsräumen, Griffe von Beladungsträgern und Schränken oder Spielzeug, Kuscheltiere und Bücher aus der Kinderecke im Wartebereich, genauso wie Wasserspender. Hier muss dokumentiert werden, wie häufig und gründlich solche Dinge gereinigt und desinfiziert werden und dass diese kein Gesundheitsrisiko darstellen. Weitere Fragen, die hier auftauchen können, sind: Sind Desinfektionsmittelspender berührungsfrei bedienbar? Gibt es im Personalumkleideraum eine klare Trennung von Straßen- und Praxisschuhen? Wird der Kühlschrank im Aufenthaltsraum nur für Lebensmittel oder auch für Medikamente genutzt? Sind Arbeitsflächen freigeräumt und optimal wischdesinfizierbar? Haben Stuhlpolster Risse und können daher nicht ausreichend gereinigt werden? Sind Schubladen aufgeräumt und staubdicht? Sind Flaschen und Packungen mit Anbruchdatum und Mitarbeiter-Kürzel beschriftet?

Grundsätzlich lautet also die Empfehlung, vor einer Begehung mit offenen Augen durch die eigene Praxis zu gehen. Auch die allgemeine Sauberkeit trägt zum Gesamteindruck bei und sollte nicht unterschätzt werden. Räumen Sie daher auf, lassen Sie nichts herumliegen und entfernen Sie Schmutz und Staub.

Häufig festgestellte Mängel

In vielen Praxen sind es leider immer wieder dieselben Mängel, die beanstandet werden müssen. Viele Fallstricke können durch Einhalten geltender Hygienevorschriften von vorneherein vermieden werden.

Häufige Mängel sind:

  • Bei der Händedesinfektion werden Ringe, Armreife oder Uhren getragen.
  • Die Desinfektion wird fehlerhaft ausgeführt oder die Einwirkzeit der Lösung ist nicht bekannt.
  • Das Desinfektionsmittel ist nicht VAH-gelistet.
  • Desinfektionsmittel wird falsch dosiert, da keine Arbeitsanweisung vorliegt.
  • Putzutensilien werden nicht täglich gewechselt und benutzte Utensilien werden wiederverwendet.
  • Instrumente der Einteilung „Kritisch B“ werden manuell aufbereitet, obwohl die maschinelle Aufbereitung zwingend vorgeschrieben ist.
  • Hygiene-Arbeitsanweisungen sind nicht in ausreichendem Maße vorhanden, dadurch werden behördliche und gesetzliche Anforderungen nicht eingehalten.
  • Es liegt keine ausreichende Sachkenntnis vor, wodurch Fehler bei der Aufbereitung und Anwendung von Medizinprodukten passieren.
  • Die räumliche Gestaltung und Ausstattung sind nicht RKI-konform.
  • Arbeitsschutz wird nicht ordnungsgemäß eingehalten.
  • Medizinprodukte werden falsch klassifiziert und daraus resultierend falsch aufbereitet. Dies erhöht das Gesundheitsrisiko, verkürzt eventuell die Nutzungsdauer und bedingt teure Neuanschaffung.
  • Geräte werden nicht oder nur unregelmäßig gewartet, geprüft und validiert. Die regelmäßige Pflege und Instandhaltung der Geräte ist eine gesetzliche Forderung und Grundlage für den Praxisbetrieb.
  • Der Hygienekreislauf wird nicht vollständig eingehalten.
  • Die Geräte werden falsch bedient, bedingt durch fehlende oder falsche Personaleinweisung.
  • Der Verpackungsprozess wird fehlerhaft ausgeführt, wodurch Instrumente nicht mehr steril sind. Dies kann erhebliche Zeit- und Kostenfolgen für eine Neuverpackung, aber auch gesundheitliche Risiken bei Verwendung mit sich bringen.
  • Genutztes Wasser ist kontaminiert, durch die mikrobiologische Verunreinigung entstehen schwerwiegende Gesundheitsrisiken.
  • Es liegt kein individualisierter Hygieneplan vor, sondern lediglich eine unbearbeitete Vorlage aus dem Internet.

Viele eventuell vorhandene oder potenziell auftretende Mängel lassen sich durch standardisierte Prozesse, umfassende Hygienepläne und einen guten Schulungsstand der Mitarbeiter*innen verhindern oder beheben. Durch frühzeitiges Einhalten aller wichtigen Vorgaben spart man kurzfristige Nachschulungen und Aufarbeitungen, zusätzliche Begehungen und damit Zeit und Geld.

Folgen für die Praxis bei Mängeln und Mängelbehebung

Die Bandbreite der Maßnahmen bei Mängeln reicht von Auflagen über Bußgelder bis zur Einschränkung der Praxistätigkeit oder gar der Schließung einer Praxis. Doch keine Angst: dies sind absolute Extreme, die sehr selten eintreten! Mängel werden meist vor Ort mit dem/der Zuständigen besprochen und es wird eine Nachfrist, meist von sechs Monaten, festgelegt, in der die Mängel behoben werden müssen. Sollten Dokumentation nicht den geltenden Vorgaben entsprechen oder fehlen gänzlich, müssen diese nachgeholt werden. Bei mangelnder Sachkenntnis kann der/die Sachverständige Nachschulungen anordnen, um das fehlende Wissen zu erlernen.

Ein Bußgeld (je nach Mangel bis zu 25.000 Euro) droht nur bei schwerwiegenden Mängeln, beispielsweise fehlenden individuellen Hygieneplänen, einem allgemein unhygienischen Praxiszustand, unvalidierten Sterilisator- oder Thermodesinfektor-Prozessen oder fehlender oder mangelhafter Chargendokumentation. 

Wird durch die Begehung klar, dass fahrlässig gehandelt wurde, ist dies ein Grund für eine Schließung der Praxis. Dies ist der Fall, wenn kein Nachweis über die ordnungsgemäß durchgeführte Aufbereitung gemäß Risikoeinstufung vorliegt oder ein defektes Gerät eingesetzt wird.

Die Ernsthaftigkeit einer behördlichen Begehung sollte jedem/jeder Praxisbetreiber*in bewusst sein, da Mängel erstens hohe Kosten und zweitens erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Werden die Erkenntnisse, die Mitarbeiter*innen in einer jährlich zu absolvierenden Hygieneschulung erwerben, diszipliniert umgesetzt, ist neben einer reibungslosen Begehung auch ein Maximum an Sicherheit für Ihr Team und Ihre Patient*innen gewährleistet.

Ihre Unterstützung bei Praxisbegehungen

Steri-Shop versteht sich als Unterstützung für Praxen in allen Fragen rund um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben bei der Aufbereitung von Medizinprodukten, der gesetzeskonformen Dokumentation und sicherer Verpackung von Sterilgut. Kontaktieren Sie uns gerne bei allen Fragen, die in Bezug auf eine anstehende Begehung in Ihrer Praxis auftauchen und wir beraten Sie fachmännisch und unverbindlich. Auch regelmäßige Validierungen und Wartungen, die die Funktionsfähigkeit Ihrer Geräte sicherstellen und dokumentieren, übernimmt unser Service gerne für Sie. Kommen Sie einfach mit Ihrem Anliegen auf uns zu.


Quellen:
https://www.iww.de/zp/praxismanagement/praxishygiene-die-praxisbegehung-was-ist-zu-beachten-f85399
https://www.meduplus.de/blog/praxisbegehungen-durch-das-gesundheitsamt/
https://www.meduplus.de/blog/frage-der-woche-praxisschliessung-nach-praxisbegehung/
https://www.pluradent.de/ecomaXL/files/Top_10_Begehungsfallstricke.pdf
https://www.spitta.de/fachthemen/zahnmedizin/praxismanagement/story/die-10-meist-gestellten-fragen-zur-praxisbegehung__44.html
https://www.kzv-berlin.de/fileadmin/user_upload/Praxis-Service/3_Publikationen/2_MBZ/2017/MBZ_10_2017.pdf

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